Kajaktour, Glacier Bay NP, Alaska

 

Wir sind gerade zurück von unserer Paddeltour im Glacier Bay NP. War ganz okay. Nette Landschaft, ein paar Tiere und viel, sehr viel Regen.
Jetzt geht’s weiter nach Norden.

Hihi - kleiner SCHERZ!! Die vier Tage im Kajak waren so unfassbar spektakulär und grandios, dass ich Mühe habe, die Erlebnisse in Worte zu packen. Ergreifend und wirklich SEHR berührend – anders kann ich es nicht sagen.

Wo anfangen? Vielleicht am Anfang…
Man nimmt ein (sehr teures) Ausflugsboot des Nationalparks, um mit dem Kajak tiefer in den Park vorzudringen. Am Tag unserer Abfahrt ist wirklich sehr schlechtes Wetter (der viele Regen war kein Scherz), so dass die Sicht eher dürftig ist. Trotzdem gibt es vom Ausflugsboot schon die ersten Geschenke: an einem Strand beobachten wir 2 Braunbären und einen Wolf sehr dicht beisammen! In diesem Verbund ein wirklich sehr seltener Anblick.
Einen Strand weiter gibt’s eine Braunbärin mit gleich 3 Jungen. Zucker! Alles mit bloßem Auge erkennbar. Außerdem fahren wir an einer Seelöwenkolonie vorbei.

Ziel des Ausfluges ist der immer noch wachsende, leuchtend weiße Margerie Gletscher. Margerie ist einer von zwei wachsenden Gletschern im National Park. Ständig brechen donnernd Eisberge ins Meer, das Kalben des Gletschers hört sich wie ein sehr lautes Gewitter an. Sau cool!

Als uns das große Boot ca. 5m vor einem Strand im knietiefen Wasser ablädt, gibt es Dinge, die ich bei den frischen Temperaturen, strömendem Regen und sehr wenig Sicht lieber getan hätte als paddeln. Irgendwo vor einem Kamin sitzen und einen Tee trinken zum Beispiel. In der Sauna sitzen. Oder auf dem Sofa ein gutes Buch lesen. Diese Gedanken hatte ich glücklicherweise erst hinterher...

Schnell das Kajak beladen und los geht's – hinein in eine annähernd weiße Wand. Wir paddeln ca. 3 Stunden und zelten mit Blick auf den Reid Gletscher. Abends können wir in der Bucht einen Delphin beobachten. Es gibt schlimmere Anblicke… 🙂 Allerdings trüben zwei kleine, ankernde Boote das „ganz weit draußen“ Gefühl.

Am zweiten Tag paddeln wir erst noch ein ganzes Stück rein zur Kante des Gletschers und nehmen dann Kurs auf dem Lamplugh Glacier.
Auf dem Weg dorthin sichten wir unseren ersten Wal vom Kajak aus! Aus einer kleinen „Nussschale“  ein gänzlich anderes Gefühl als von einem größeren Boot aus.

Erst eine gewaltige Fontäne, dann gleitet der geschmeidige Rücken an der Wasseroberfläche entlang, danach taucht der Wal ab und streckt die Fluke zum Himmel. WOW. Meine Güte, sind wir klein.

Das Eis an der Gletscherkante funkelt uns weiß und vor allem auch blau entgegen – der Gletscher ist ein Prachtexemplar. Wir dümpeln eine ganze Zeit vor der Kante rum und genießen die Aussicht. Am frühen Mittag hört es sogar auf zu regnen!!!  Da direkt am Gletscher (in sicherer Höhe) schon jemand zeltet, fahren wir weiter. Wir entscheiden uns, den John Hopkins Meeresarm zu kreuzen und auf der anderen Seite, immerhin mit Blick auf den Lamplugh Gletscher, zu zelten. In die Richtung paddelnd kommt schon der nächste Gletscher in Sicht: Topeka. Unterwegs werden wir immer mal wieder (wie an allen Tage) von neugierigen, aber doch vorsichtigen Seehunden beäugt. Der Anblick des perfekten Kindchenschemas (groooße Augen, runder Kopf) löst wie von der Natur gewollt bei mir blankes Entzücken aus…

Die ganze Gegend ist wirklich atemberaubend, und genau in dieser Szenerie finden wir unseren perfekten Zeltplatz. Wir haben nicht nur Blick auf dem Lamplugh (linker Hand), sondern überraschend auch noch auf den gewaltigen John Hopkins Glacier (rechter Hand).
Wir landen schon am frühen Nachmittag an, lassen uns von sehr frischen Bärenspuren im Sand nicht beeindrucken (na gut, stimmt nicht wirklich – wir entscheiden uns aber trotzdem zu bleiben…) und genießen stundenlang die Aussicht. Ständig donnert es von beiden Gletschern in beeindruckender Lautstärke, dazu rauschen hinter uns die Wasserfälle. „Lärm“, den man gerne hört. Kein Boot, kein Mensch, wir fühlen uns sehr weit draußen…
Ich wüsste keinen Ort, an dem ich gerade lieber wäre…

Danke...

Am nächsten Morgen brechen wir schon um acht Uhr auf und paddeln durch die kleinen Eisstücke wieder zur anderen Seite der Küste. Wir haben Spaß, die verschieden Formen dieser Eisskulpturen zu bewundern. Man erkennt in ihnen Wale, Robben, diverse Vogelarten, Atompilze, Bären, Schiffe und was weiß der Henker was noch so alles… Amüsant.
Wir paddeln (und paddeln und paddeln) den ganzen Weg wieder zurück bis zu einer Bucht, in der wir uns entscheiden müssen, ob wir mit einer Tragepassage erheblich abkürzen oder noch weiter die Küste entlang paddeln.

Dort erleben etwas tief, tief Beeindruckendes: Ein Wal, direkt vor uns. Zwei Mal taucht er vor uns in der schon beschriebenen Szenerie auf und ist beim zweiten Mal noch dichter dran als vorher. Gespannt halten wir den Atem an und machen uns durch Schläge aufs Boot bemerkbar. Lange Stille. Gespannte Blicke –  er taucht hinter unserem Kajak wieder auf!
Für dieses Erlebnis fehlen mir die Worte, ich bin einfach unendlich dankbar, so etwas gesehen und erlebt haben zu dürfen.

Am Strand in besagter Bucht machen wir eine Mittagspause (es hat wieder gegen Mittag aufgehört zu regnen!) und haben nach dem Wal gleich das nächste stell-dich-ein. Wir sind gerade fertig mit dem Essen, da taucht ein Schwarzbär am Strand auf, sucht die Steine ab und verzieht sich wieder ins Gebüsch.  Als wir alles soweit verpackt haben, taucht er ein zweites Mal auf, dieses Mal schon etwas näher dran. Er verschwindet nach kurzer Zeit wieder. Wir räumen das Boot vollständig ein und trinken noch ein paar Schlücke Tee, da sehen wir den Bären das dritte Mal, ca. 70m von uns entfernt. Nach ein paar Augenblicken hört er wohl erstmalig unser Klatschen (oder riecht uns erstmalig), zumindest verschwindet er galoppierend ins Gebüsch. Beruhigendes Verhalten… Geht auch anders...
Wir entscheiden uns gegen die Tragepassage, paddeln weiter und erleben Highlight Nr 3 (was, bitteschön, ist heute für ein Tag??!). In sicherer Entfernung sehen wir einen Wal ein paar Mal auf- und abtauchen – bis er dann in einem Augenblick seinen riesigen Körper gänzlich aus dem Wasser katapultiert und mit einem irrem Klatschen wieder auf der Wasseroberfläche landet. Danach haut er mehrfach mit seiner Flosse auf die Wasseroberfläche. Einfach IRRE.

Wir paddeln direkt an der felsigen Küste entlang und sehen noch 2x ganz dicht recht junge (ca. 3-4 Jahre), völlig verdutzte Schwarzbären, bis wir irgendwann an der Bucht ankommen, wo wir einen Zeltplatz suchen. Das ist heute zur Abwechslung mal nicht so einfach, da sich die Landschaft geändert hat. Es gibt nicht mehr viele Kiesstrände (bzw. die vorhandenen werden bei Flut überspült), sondern grün bewachsene Küstenstreifen. Dort ist es zu nass fürs Zelt.
Um neun Uhr abends, nach dreizehn Stunden im Boot (abzüglich einer Stunde Lunchbreak), haben wir endlich einen Strand gefunden, der breit genug ist. Puh, das war lang… Auf die Geräusche eines Bären im Gebüsch reagieren wir mit Lautstärke – wir bewegen uns heute keinen Meter mehr…

Hier gibt es keine Wasserfälle oder sonst irgendwas, das Meer ist absolut ruhig und so hören wir rein gar nix, es herrscht absolute Stille. Nur unterbrochen von Geräuschen der verschiedenen Wasservögel.
Richtige, absolute, totale Stille.

SCHÖN!

Am Morgen des vierten und letzten Tages ist etwas anders: Es regnet nicht! Und so bleibt es den ganzen Tag. Ein paar Mal sehen wir durch die Wolken doch tatsächlich die schwachen Umrisse der Sonne – ein sehr, sehr scheuer Gast. Nach kurzer Zeit verschwindet sie sicherheitshalber auch wieder.
Aber dieser letzte Tag hat es noch mal in sich. Wir haben die ganze Zeit viele Weißkopfseeadler gesehen, heute beobachten wir einen im Sturzflug aufs Wasser. Leider war seine Jagd nicht erfolgreich und er wird sogleich von drei Möwen lautstark aus dem Gebiet vertrieben.
Wir haben auch viele Seeotter beobachten dürfen, heute sehen wir nicht nur ein flirtendes Pärchen, sondern auch noch eine kleine Familie. Die Geräusche von Seeottern sind lustig, hört sich nach winselnden Hunden an (ungeduldig bettelnd, nicht leidend). Interessanter Weise zeigen Seeotter bei großen Schiffen nicht die geringste Scheu (die sind sie halt gewöhnt…), bei Kajaks halten sie gebührenden Abstand und tauchen schnell ab.

Wir haben während der ganzen Tour diverse Schwärme von Meeresvögeln gesehen, die sich, wenn sie auffliegen und mit ihren Flügeln und Füßen aufs Wasser klatschen anhören, wie der tosende Beifall einer großen Menschenmenge.
Sehr ungeliebte Tierchen, die aber regelmäßig eine unfassbar riesige Party gefeiert haben, sobald wir an Land gegangen sind, waren Gnitzen.  Am dritten Abend war es auch mit meiner Geduld zu Ende und ich „verkrieche“ mich unter meinem ungeliebten Kopf-Moskitonetz.

Was wir noch nicht mit geringem Abstand gesehen haben, sind Delphine – obwohl ich die „Bestellung“ doch schon mehrfach abgegeben habe... Nun gut, das Universum macht es halt einfach etwas spannend. Sie kommen fast im letzten Moment, kurz bevor wir in die Bucht zum vereinbarten Treffpunkt einbiegen. Genauer gesagt sind es Schweinswale, die aber für meine Laienaugen aussehen, wie Delphine (gut, dass ich mit einem Biologen unterwegs bin). Um die Sache noch zu toppen: Es ist eine Kleinfamilie, und der neugierige, ca einen Meter große Nachwuchs findet unser Kajak offenbar sehr spannend. Nachdem er ein paar Minuten mit Respekt ein paar Meter Abstand hält, taucht er dann zwei Mal direkt (also wirklich direkt) neben dem Boot auf und schaut uns sehr neugierig an. DANKESCHÖN!

Ja, und was soll ich sagen, etwas ganz Seltenes spielt sich direkt vor unserer Abholung ab. Als erstes sehen wir einen jungen Braunbären die lange Küste einer Bucht entlang rennen. Auf uns zu, an uns vorbei (ohne von uns Notiz zu nehmen), immer weiter im gestreckten Galopp. Okay, so sieht es wohl aus, wenn ein Bär um sein Leben rennt.

Wir paddeln weiter in die Bucht rein, weil wir dort, hinter einer Kurve, ein Braunbärenmännchen vermuten (Braunbärenmännchen fressen kleine bzw. junge Braunbären). Wir sehen nix, aber mit einem Mal hören wir ein SEHR lautes, schwer zu beschreibendes Geräusch im Gebüsch. Falls sich noch jemand an die Geräusche der Dinosaurier aus Jurrassic Park erinnert – ungefähr so hört es sich an. Das Gebrüll hallt von der gegenüberliegenden Seite der Bucht wieder zurück. Eine völlig bizarre Situation. Wir starren mit offenem Mund versteinert auf die dargebotene "Szenerie". Mehrfach hören wir das laute Knacken dicker Äste, lautes Rascheln und weitere, undefinierbare Geräusche. Ganz offensichtlich ein Kampf (leider keine Paarung, wie wir zunächst gedacht haben - es ist nicht die richtige Zeit). Wir wissen nicht, ob die lauten Geräusche vom Männchen stammen – oder aber von einem vielleicht verletzten Weibchen, die das Leben des kleinen, flüchtenden Bären verteidigt hat.
Wir hoffen auf das Beste für alle Beteiligten...
Wir bleiben so lange wie möglich auf dem zumindest einigermaßen sicheren Wasser - um nichts in der Welt wollen wir zwischen kämpfende Bären geraten. Nach vielleicht 5 Min. hören wir nur noch die etwas leiser werdenden Geräusche, kein Knacken, kein Rascheln mehr. Dann wird das Geräusch seltener (aber nicht weniger laut). Nach ca einer halben Stunde wird es sehr selten. Irgendwann trauen wir uns an Land und machen dort so viel Lärm wie möglich. Unser Kajak bleibt einsatzbereit, bis wir das Ausflugsboot sehen, das uns abholen soll.

DANKE für 4 unvergessliche Tage.

Leave your comment